Diplom Pädagogin
Denken Sie nicht auch manchmal, dass Ihnen alles über den Kopf wächst? Die Anforderungen in Beruf und Privatleben sind heutzutage extrem hoch, sodass sogar gut organisierte Menschen ins Trudeln kommen und an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geraten. Die Folge: chronische Erschöpfung, die unser Immunsystem schwächt und unsere Leistungsfähigkeit sinken lässt. Das kann der Beginn eines Teufelskreises sein.
„Je müder ich wurde, desto mehr trieb ich mich an“, sagte Herbert Freudenberger über eine Zeit, in der er sich am Ende seiner Kraft fühlte: Nach einem 10-Stunden-Tag in seiner Praxis machte sich der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker regelmäßig auf den Weg in das Zentrum New Yorks, um dort ehrenamtlich bis spät in die Nacht Drogenabhängige und Prostituierte zu betreuen. Am Ende besaß er nicht einmal mehr die Kraft, mit seiner Familie in den Urlaub zu fahren. Stattdessen setzte er sich hin und analysierte seinen Zustand. Er schuf den Begriff Burnout als ein Resultat von chronischem Stress.
Das war 1974. Heute, 50 Jahre später, zeigen zwei Drittel aller Berufstätigen Burnout Symptome. Neuste Krankenkassenbefragungen zeigen, dass rund 30 Prozent der Befragten bereits einen Burnout in ihrem Leben hatten. 13 Prozent waren in den letzten zwölf Monaten an einem Burnout erkrankt, unter den 18- bis 29-Jährigen sogar 18 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der Burnout Fälle in 2023 um 20 Prozent zugenommen. Als Hauptgründe gelten Überstunden, häufiger Termindruck, Pflicht zur ständigen Erreichbarkeit, schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Pflege von Angehörigen.
Die mit Burnout zusammenhängenden Überlastungen können häufig zu psychosomatischen Erkrankungen führen. Damit verbunden sind vielfältige körperliche Beschwerden mit massiven Konzentrationsstörungen, allgemeiner Leistungsschwäche und Antriebslosigkeit und einer ständigen Müdigkeit. Das Burnout Syndrom entsteht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein eher schleichender Prozess und wird von Experten in mehrere Phasen eingeteilt.
Ein Modell nach J. Edelwich und A. Brodsky beschreibt vier Phasen:
Die erste Phase ist in Teilen vielleicht jedem von uns bekannt. Man ist voller Enthusiasmus, fühlt sich unentbehrlich und steckt die eigenen Ziele sehr hoch. Zur Erreichung dieser Ziele ist man sogar bereit, die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Der Wunsch nach Bestätigung und Anerkennung wächst.
In der zweiten Phase realisiert man langsam, dass die eigene Kraft auch Grenzen hat, an die man stößt. Die Gefühle sind nun eher negativ, man kommt nicht voran und die perfektionistischen Ziele werden nur zum Teil erreicht. Gefühle der Enttäuschung stellen sich ein und werden häufig ignoriert.
Die dritte Phase wird als Phase der Frustration beschrieben. Die zu hoch gesteckten Ziele sind nicht zu erreichen und man fühlt sich ratlos, frustriert und körperlich kraftlos. Der ganze Organismus reagiert auf die dauernde Anspannung und man fragt sich, wie es weitergehen soll. An dieser Stelle, sagen Experten, besteht die letzte Chance, aus dem Prozess auszusteigen und etwas zu verändern, bevor man den Kreislauf nicht mehr durchbrechen kann.
In der vierten Phase, auch Phase der Verzweiflung genannt, ist das Leben nur noch eine Last. Man funktioniert nur noch, zieht sich aus der Welt zurück und empfindet alles als sinnlos. Die Energiespeicher füllen sich nicht mehr auf. Leistungsverweigerung des Körpers, psychosomatische Symptome, Depressionen und komplette Erschöpfungszustände sind hier typisch.
Ein Burnout entwickelt sich schleichend. Was können Sie nun tun, um gar nicht erst in diese Burnout Spirale zu geraten? Vor allem müssen Sie aufmerksam sein, sollten die ersten Anzeichen wahrnehmen und der täglichen To-do-Liste eine „Wie kann ich heute gut für mich sorgen“-Liste hinzufügen.
Die gute Nachricht, es funktioniert tatsächlich. Die nicht ganz so gute Nachricht, Sie müssen es trainieren. Aus stressverschärfenden Denkmustern werden förderliche Denkmuster:
Stellen Sie sich grundsätzlich die folgenden Fragen: Welche stressverschärfenden Denkmuster möchte ich abbauen? Welche förderlichen Denkmuster möchte ich verankern? Und was würde ich meinem liebsten Menschen raten?
„Die Vergangenheit kann man nicht ändern, sich selbst aber schon, für die Zukunft.“
Schon die antiken Philosophen beschäftigten sich mit dem Thema der positiven Psychologie und befassten sich in ihren Schriften mit dem guten Leben, der Kultivierung der Tugenden und dem Studium des Glücks. Man war der Ansicht, dass nicht nur das Vorhandensein von Charakterstärken und Tugenden, sondern auch ihr Einsatz im täglichen Leben zu einem glücklichen Dasein führt.
1954 wurde der Ausdruck der positiven Psychologie erstmals von dem US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow verwendet. Sie steht im krassen Gegensatz zu der traditionellen defizitorientierten Psychologie: Die positive Psychologie untersucht die positiven Aspekte des menschlichen Lebens und beschäftigt sich unter anderem mit dem, was das Leben lebenswert macht.
Fragt man Menschen in Deutschland, was sie zum Glücklichsein brauchen, sind die Antworten auf den ersten drei Plätzen in 2011 und 2022 gleich:
Diese Antworten legen eine Unterscheidung in Wohlfühlglück und Werteglück nahe. Beides sind Bausteine eines guten Lebens, sind positiv beeinflussbar und immens wichtig zur Stressbewältigung.
Das Konzept des Wohlfühlglücks zielt darauf ab, das Schöne und Gute um uns herum stärker wahrzunehmen. Nicht gemeint ist, dass wir das weniger Gute ignorieren, sondern beides wahrnehmen und es uns trotzdem gut gehen lassen. Stellen Sie sich vor, wie wunderbar der erste Kaffee des Tages schmeckt, wie Sie den Duft Ihrer Lieblingspflege beim Auftragen genießen und wie die unerwartete Postkarte oder ein sonniger Morgen Sie zum Lächeln bringt. Diese Wohlfühlmomente zahlen direkt auf Ihr Konto der positiven Emotionen ein und in Zeiten der Belastung zehren Sie dann davon.
Folgende Übung für mehr Wohlfühlglück:
Schulen Sie Ihre Wahrnehmung für kleine Glücksmomente indem Sie sich fragen: Was war heute schön und was habe ich dazu beigetragen, dass ich das als schön erleben konnte? Ein Beispiel: Schön war es, die Vögel im Garten zwitschern zu hören. Durch ein aktives Hinschauen zum Vogelhäuschen und ein aufmerksames Lauschen wurden die Vögel wahrgenommen und diese Freude ermöglicht.
Das Konzept des Werteglücks hingegen fragt nach den uns wichtigen Werten und nach dem Leben, welches wir führen wollen. Mehr als drei Viertel der Deutschen finden jedoch im Alltag zu wenig Zeit, danach zu streben, das Leben auf eine persönliche und zufriedenstellende Weise zu leben.
Folgende Übung für mehr Werteglück:
Stellen Sie sich vielleicht einmal vor, Sie feiern mit Ihren Weggefährten Ihren 80. Geburtstag: Welche Reden sollen auf Sie gehalten werden? Welche Geschichten sollen über Sie und Ihr Leben erzählt werden?
Das Wohlfühlglück ist also von kurzer Dauer und kommt eher von außen. Das Werteglück hingegen geht mit einem länger anhaltenden, tieferen Glücksempfinden einher und kommt hauptsächlich aus unserem Inneren.
Beides brauchen wir, um glücklich zu sein!